Porno für Frauen: Nackte Männer reizen nicht

Das Thema Porno für Frauen, das ich 2004 im Digital Diary und 2007 nochmal im Lustgespinst aufgegriffen hatte, findet seitdem immer mehr Interessenten und zum Glück auch Interessentinnen. Immer wieder mal wird auch diesseits expliziter Pornowelten versucht, mit neuen Magazinen mehr „Sex & Lifestyle“ an die Frau zu bringen. Gerade zeigte mir ein lieber Freund den Verriss der TAZ bezüglich zweier aktueller Versuche, der überschrieben ist mit dem abturnenden Satz: „Die Magazine „Alley Cat“ und „Jungsheft“ versuchen, „postfeministische“ Erotik an die Frau zu bringen – und sind dabei weder originell noch gewagt.“

Ohne die Hefte aus eigenem Augenschein zu kennen, erscheint mir das besprochene „Jungsheft“ auf den ersten Blick tatsächlich ein Abturner zu sein: der schmalbrüstige, devot von unten nach oben gen Himmel starrende „Cover-Boy“ ist nun wahrlich nicht der Stoff, aus dem die feuchten Träume wachsen! Dem Inhalt bescheinigt die TAZ denn auch Schülerzeitungsniveau und stellt lapidar fest: „Es ist zu wenig. Zum Lesen und zum Onanieren.“

Interessanter erscheint da das Hochglanz-Magazin Alleycat, das auf seiner Website einen aussagekräftigen Vorgeschmack vermittelt und von der TAZ so beschrieben wird: „Das Hochglanz-Heft ist gefüllt mit einem „Potpourri aus sinnlichen Themen“, die da wären: Erotische Fotos, Dessous, Beautyartikel und Erfahrungsberichte mit Sexspielzeugen. Alley Cat wirkt wie eine Mischung aus Lifestyleheft und Modemagazin mit einem Schuss Sex, laut Ina Küper ein „einzigartiges“ Konzept.“

Die Ausschnitte muskulöser Männerkörper, die man auf den Vorschauseiten „Schlüsselloch“ besichtigen kann, turnen mich allerdings kein bisschen an. Und das übliche überästhetisierte Präsentieren weiblicher Körper und passender Produkte ist nun wirklich nichts Neues. Linguerie und Beauty, Wellness-Tripps und Dessous, luxuriöse „Kosmetik-Items“ erwarten die Leserin, wie man unter „Philosophie“ lesen kann. Da muss ich gleich gähnen…

Himmel, was ist denn daran erotisch oder gar geil? Das Zelebrieren der sowieso von allen Plakatwänden und aus allen Monitoren quellenden Warenästhetik vermittelt doch nichts als den Stress, selber niemals diesen Ansprüchen genügen zu können – und denjenigen, deren Selbstbewusstsein durch diese fortwährende Indoktrination nicht gelitten hat, die ganz große Langeweile.

Was Frauen anturnt

Was all diese Magazin-Macherinnen und Macher erstaunlicherweise nicht zu bemerken scheinen: es ist niemals das bloße OBJEKT, das Frauen anturnt. Nicht der nackte Männerkörper, nicht der Schwanz an sich, nicht der Winkel, indem er steht oder hängt, nicht der knackige Hintern und auch nicht viele schöne Wellness- und Beauty-Produkte rund ums Thema Erotik: Das, was anmacht, ist die Geschichte, die im Kopf entsteht. Bzw. entstehen KÖNNTE, wenn sich kreative Magazin- und Filmemacher/innen diesem Bedarf zuwenden würden. Geht aber nicht, denn das wäre ja viel zu teuer: man müsste echte Schauspieler für die Filme buchen, kreative Fotografen und Filmer/innen für die Shootings einsetzen und fähige Autoren Geschichten schreiben lassen!

Ganz allgemein stellt denn die TAZ bezüglich Porno/Erotik-Medien für Frauen fest: „bislang sind nicht nur sämtliche Heftprojekte gescheitert, die mit nackten Männern Leserinnen ziehen wollten, auch klicken laut Seitenbetreiberangaben Frauen jene schwulen Seiten selten an, auf denen muskulöse Solomänner an sich herumspielen, sondern beobachten – jedenfalls zu Handanlegungszwecken – doch lieber das gute alte Rein-raus-Spiel.“

Na klar, denn das „gute alte Rein-raus-Spiel“ ist halt das Einzige, was einem überhaupt als Paar-Interaktion ANGEBOTEN wird! Leider meist auf eine Weise auf den „Nahblick ins Detail“ reduziert, den wiederum nur Männer goutieren können.

Was Frauen wirklich mögen würden – z.B. in einem EROTIK-Magazin? Wie wär’s denn mal mit guten, nicht allzu langen erotischen Monologen, bebildert in der Manier ähnlich dem Fotoroman, jedoch mit den Text-Passagen unterhalb oder neben den Bildern. Die Texte sagen, was in den Köpfen vorgeht („O-Ton“), die Bilder zeigen, was statt findet – zeigen aber nicht ALLES im Detail, sondern lassen Freiräume für wilde Fantasien. Und: Gesichtsausdrücke können ja so viel mehr ‚rüber bringen als der Blick auf Körperteile!

Ich will mitbekommen, wie zwischen den beiden die Luft brennt – und mich nicht von einer klinischen oder kosmetikprospekt-gerechten Inszenierung irgendwelcher Vorzeige-Körper anöden lassen.

7 Gedanken zu „Porno für Frauen: Nackte Männer reizen nicht“

  1. Ich habe auch die Artikel gelesen und hätte mir sehr gerne die Magazine einmal angeschaut. Nur: auch meine Anfrage nach Bezugsquellen habe ich von beiden bislang keine Antwort erhalten. So kann das gar nichts werden mit dem Erfolg…

    Ja, ich würde mir auch mehr Kreativität wünschen, schräge Bilder, mutige, oder freche, nicht immer das ewig gleiche mit auswechselbaren Körpern.
    Die Bildsprache ist jedoch leider nicht die meine, deswegen miss ich wohl weiter warten auf den Prinzen, der das Pornoröschen wachküssen wird ;-)
    Silke Maschinger

  2. PS: Da habe ich zwei Sachen durcheinander gebracht. Aufgrund einer freundlichen Mail bin ich darauf aufmerksam gemacht worden. Das Jungsheft kenne ich schon, habe in meinem Blog auch schon darüber geschrieben, nur Alley Cat nicht.
    Das andere Magazin, an das ich dachte, ist Nighttimes, ein Lifestylemagazin, das neu herausgekommen ist und sich dem Thema Sexualität widmet.

  3. Danke Silke, dem Hinweis auf Nighttimes werd ich mal nachgehen!
    Dolle Vermarkterinnen scheinen die Macherinnen ja nicht zu sein, wenn sie nicht mal im Stande sind, Bezugsquellen per Mail anzugeben!

  4. Neuigkeiten! :) Frau Küper von Alley Cat schrieb mir, dass das Magazin bisher über den bundesweiten Bahnhofsbuchhandel verkauft wird (ca.350 Verkaufsstellen)

  5. Hallo,

    ich denke ich kann etwas zur Diskussion beitragen – ich bin Herausgeberin und Chefredakteurin von Alley Cat, dem laut Autorin „gähnend langweiligen Heft“. Offensichtlich scheinen Sie Alley Cat aus der Ferne zu beurteilen! Ansonsten wüssten Sie, dass es neben nett anzusehenden Männern und Produkttipps (gegen ein paar nette Sextoy-Empfehlungen wird ja wohl nichts einzuwenden sein)Reportagen, Interviews und Kolumnen gibt, die Ihren Ansprüchen durchaus gerecht werden dürften! Unfair, dass Sie Schlechtes über uns verbreiten ohne das Magazin jemals in den Händen gehalten zu haben.Zu der Kritik, wir wären keine guten Vermarkter kann ich nur so viel sagen: Es ist nicht unanstrengend zwei Jobs (denen wir leider nachgehen müssen um uns den Traum vom eigenen Magazin zu erfüllen) unter einen Hut zu bringen und mit der Arbeitskraft von drei Leutchen ein Hochglanzheft zu stemmen.
    Da bleibt es nicht aus, dass Mails erst einige Tage später beantwortet werden. Ich möchte mich trotzdem bei allen Leserinnen bedanken, die tatsächlich in den Laden gehen und 4,50 Euro für sehr viel Herzblut auf die Theke legen und uns anschließend mit Lob überhäufen. Nur durch euch ist Alley Cat möglich!

  6. Pingback: Percocet.

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